Studienangebot im Lande

21.02.2011 -  

Mit Überraschung mussten die Verantwortlichen der Hochschulen des Landes Sachsen-Anhalt in der VOLKSSTIMME vom 17.02.2011 unter der Überschrift „Angebot entspricht nicht Bedarf“ lesen, dass Wirtschaftsminister Dr. Reiner Haseloff eine „neue Ausrichtung der Studiengänge“ fordert. Zur Begründung dieser anlässlich der Besichtigung eines privaten Bildungsträgers erhobenen Forderung führt der Minister aus, dass sich das Studienangebot stärker daran ausrichten müsse, was im Lande benötigt werde; hier „müsse der tatsächliche Bedarf in Einklang mit dem Studienangebot gebracht werden“. In diese Richtung solle man „die jungen Leute orientieren“. Abschließend wirft der Minister die Frage auf, ob Studiengänge ungedeckelt aus Landesmitteln finanziert werden sollten, wenn die künftigen „Einsatzorte (der Absolventen) südlich von Mainz liegen“.

 

Die Landesrektorenkonferenz stellt dazu fest:

Zu Recht hat das Land ein Interesse daran, dass ein wesentlicher Teil der Ausbildung an Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften den Bedürfnissen des hiesigen Arbeitsmarkts sowie den Anforderungen von Wirtschaft und Verwaltung entspricht.

Die Hochschulen des Landes leisten insoweit seit Jahren einen erheblichen Beitrag zur nachhaltigen Fachkräftesicherung im Lande, zur Steigerung des Bekanntheitsgrades und zur Verbesserung des Images Sachsen-Anhalts in der Welt. Insbesondere der Beitrag zur Fachkräftesicherung gilt für alle Bereiche akademischer Ausbildung, erfasst also die Ingenieurausbildung ebenso wie die von Lehrern, Ärzten, Psychologen, Ökonomen und vielen anderen mehr. Dazu haben sich die Hochschulen gegenüber dem Land verpflichtet, zuletzt in den am 17.02.2011 unterzeichneten Zielvereinbarungen 2011 2013. Wer dann beklagt, dass sich erfolgreiche Absolventinnen und Absolventen hiesiger Studiengänge für eine Berufstätigkeit jenseits unserer Landesgrenzen entscheiden, muss die Rahmenbedingungen für Beschäftigungsverhältnisse ändern und die Attraktivität des Arbeitsmarkts in Sachsen-Anhalt steigern. Dies können indessen die Hochschulen nicht leisten; es ist eine Aufgabe der Politik, auch des Wirtschaftsministers.

An den Hochschulen des Landes Sachsen-Anhalt sind zurzeit über 53.000 Studierende immatrikuliert. Ein erheblicher Teil von bis zu 38% der zum Wintersemester 2010/2011 neu eingeschriebenen Studierenden kommt aus den alten Bundesländern und will seine akademische Ausbildung bei uns beginnen bzw. fortsetzen. Das inzwischen konzentrierte und scharf profilierte Studienangebot verfügt mithin über eine außerordentliche Anziehungskraft für Studieninteressenten aus Sachsen-Anhalt, der übrigen Bundesrepublik wie auch dem Ausland.

Dank dieser hohen Attraktivität des Angebots der Hochschulen erhält Sachsen-Anhalt alleine in den kommenden fünf Jahren erhebliche Sonderzuwendungen des Bundes zur Aufrechterhaltung der vielschichtigen Studienplatzkapazitäten im Lande. Die sieben staatlichen Hochschulen des Landes haben in den vergangenen Jahren sichergestellt, dass Sachsen-Anhalt in besonderem Maße von diesen Bundeszuweisungen profitiert. Zugleich wird dadurch der für unser Bundesland unerlässliche Zuzug junger Menschen maßgeblich unterstützt und ein wesentlicher Beitrag zur Zukunftssicherung des Wirtschaftsstandorts Sachsen-Anhalt geleistet. Dieser Einsatz wird auch dadurch unterstrichen, dass alle Hochschulen bereit und in der Lage sind, äußerst flexibel auf eine künftige größere Nachfrage, etwa in naturwissenschaftlichen oder technischen Studiengängen - zu reagieren. Eine neue Ausrichtung von Studiengängen ist dafür nicht erforderlich.

Es ist seit Jahrzehnten Konsens zwischen den Bundesländern, dass gerade im Wissenschaftsbereich ein reger Austausch von Studierenden wie Wissenschaftlern erfolgt, bei dem Landesgrenzen und künftige Einsatzorte eine untergeordnete Rolle spielen. So willkommen uns die Studierenden aus dem Bundesgebiet sind, so freundlich werden unsere „Landeskinder“ an den Hochschulen jenseits Sachsen-Anhalts empfangen und dort ausgebildet. Diese akademische Kultur in Deutschland sollte nicht durch die Forderung nach noch engerem Landesbezug einzelner Studiengänge in Frage gestellt werden. Er wird dem vielschichtigen Angebot im Lande nicht gerecht, schlägt im Zweifel auf unsere „Landeskinder“, die andernorts studieren, zurück und läuft dem Ausbau des erfolgreichen Hochschulstandorts Sachsen-Anhalt zuwider.

 

gez. Prof. Dr. Armin Willingmann

 

f.d.R.

Ines Hühne,

Geschäftsführerin der Landesrektorenkonferenz

Letzte Änderung: 21.05.2019 - Ansprechpartner: Webmaster