Erklärung der Hochschulen zur Ausgestaltung der Kooperationen von Wissenschaft und Wirtschaft

08.10.2015 -  

Die Vertreter der staatlichen Hochschulen des Landes haben in ihrer gestrigen Beratung in Magdeburg die gemeinsame „Erklärung über die vertragliche Ausgestaltung von Kooperationen mit außerhochschulischen Partnern“ unterzeichnet.

Kern der Erklärung ist die Selbstverpflichtung der Hochschulen zu hinreichender Transparenz über ihre Kooperationsbeziehungen bei gleichzeitiger Wahrung der berechtigten Interessen aller Kooperationspartner. Dabei geht es vor allem um die Sicherung der wissenschaftlichen Unabhängigkeit bei gemeinsamen Projekten mit Partnern außerhalb der Hochschulen, insbesondere Unternehmen der privaten Wirtschaft und öffentlichen Institutionen.

Auf Anregung des Landtagsausschusses für Wissenschaft und Wirtschaft haben die Hochschulleitungen diese Verpflichtung gemeinsam entwickelt und nun in einer entsprechenden Erklärung veröffentlicht. Die Erklärung bestätigt die bisherige Praxis und legt Standards zu Einzelheiten der Vertragsgestaltung fest.

 

Zitate:

Prof. Dr. Armin Willingmann, Präsident der LRK/Rektor der HS Harz:

Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft sind für die Weiterentwicklung des Landes, von Unternehmen und nicht zuletzt auch der Hochschulen unerlässlich. Es gibt im Lande derzeit keinerlei Anlass, bestehende Kooperationsbeziehungen in Frage zu stellen. Die Erklärung ist daher als ein Bekenntnis zur wissenschaftlichen Unabhängigkeit zu verstehen, die durch Verfassungsrang (Art. 5 Abs. 3 Grundgesetz) abgesichert ist. Zugleich müssen bei der Zusammenarbeit von Hochschulen und Unternehmen die berechtigten Interessen der Projektpartner - bspw. nach Vertraulichkeit über Forschungsgegenstände - berücksichtigt werden. Beides in einen angemessenen Ausgleich zu bringen, dient die Erklärung der Hochschulen v. 07.10.2015."

 

Die gemeinsame Erklärung der Hochschulen ist ein gutes Zeichen gelebter Autonomie und Bestätigung der Position des Landtags, die Regelung der Transparenz von Kooperationsbeziehungen den Hochschulen zu überlassen.

 

Mit dieser Verpflichtung auf Standards ist es gelungen, eine vernünftige Abwägung der Interessen aller Beteiligten in Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit vorzunehmen. Die jetzt fixierten Grundsätze belassen Hochschulen und Unternehmen hinreichend Gestaltungsspielraum für Projekte, ohne die Interessen des Landes oder des Parlaments an ausreichender Information über die Tätigkeit staatlich finanzierter Hochschulen außer Acht zu lassen.

 

Prof. Dr. Jens Strackeljan, Rektor der Otto-von-Guericke Universität Magdeburg:

Die OvGU hat im vergangenen Jahr mehr als 50 Mio. Drittmittel eingeworben, von denen 10 % direkt aus der Industrie kamen. Dieses Verhältnis ist gesund und bringt uns in keinerlei Abhängigkeit. Die nun vorliegende Verpflichtung erhöht die Transparenz."

 

Prof. Dr. Anne Lequy, Rektorin der Hochschule Magdeburg-Stendal:

Mit dieser Selbstverpflichtung gibt es nun einheitliche Standards in der Zusammenarbeit zwischen Hochschulen des Landes und externen Projektpartnern - auf diese Standards kann sich die Öffentlichkeit verlassen.

 

Prof. Dr. Dieter Orzessek, Präsident der HS Anhalt:

Wichtig bei der Erklärung ist auch, dass die auf großer Vertrauensbasis intensiv entwickelten Partnerschaften zwischen den Hochschulen und den klein- und mittelständischen Unternehmen des Landes nicht gestört werden, weil bei den bekannten Defiziten im F/E-Bereich die Hochschulen ganz entscheidend an der Verbesserung der Wettbewerbsstellung von Betrieben mitwirken müssen.

 

Wernigerode, Magdeburg, Halle/S., Merseburg, Köthen, den 08. Oktober 2015.

 

gez. Ines Hühne

Geschäftsführerin Landesrektorenkonferenz Sachsen-Anhalt e.V.

c/o Hochschule Harz

Friedrichstraße 57 59, 38855 Wernigerode

Tel.: 03943/659-113

E-Mail: ihuehne@hs-harz.de

 

Mitglieder der Landesrektorenkonferenz sind die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle, Hochschule Anhalt, Hochschule Harz, Hochschule Magdeburg-Stendal, Hochschule Merseburg sowie die Evangelische Hochschule für Kirchenmusik und die Theologische Hochschule Friedensau. Die Fachhochschule Polizei genießt Gaststatus.

 

 

Erklärung der staatlichen Hochschulen Sachsen-Anhalts über die vertragliche Ausgestaltung von Kooperationen mit außerhochschulischen Partnern

 

Die

Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

vertreten durch den Rektor Prof. Dr. Udo Sträter,

die

Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg

vertreten durch den Rektor Prof. Dr. Jens Strackeljan,

die

Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle

vertreten durch den Rektor Prof. Dieter Hofmann,

die

Hochschule Anhalt

vertreten durch den Präsidenten Prof. Dr. Dieter Orzessek,

die

Hochschule Harz

vertreten durch den Rektor Prof. Dr. Armin Willingmann,

die

Hochschule Magdeburg-Stendal

vertreten durch die Rektorin Prof. Dr. Anne Lequy,

die

Hochschule Merseburg

vertreten durch den Rektor Prof. Dr. Jörg Kirbs

 

erklären folgende Selbstverpflichtung

Präambel
Kooperationen im Rahmen von Forschungs- und Entwicklungstätigkeit

Die Hochschulen des Landes kooperieren seit vielen Jahren äußerst erfolgreich mit Unternehmen aus Sachsen-Anhalt, dem übrigen Bundesgebiet und dem Ausland.

Kooperationen zwischen Hochschulen (Lehrstühle, Institute, Fakultäten etc.) und außerhochschulischen Partnern sind wesentlicher Bestandteil anwendungsorientierter Forschungs- wie Entwicklungsarbeit, die vielfältig gefordert und unterstützt wird. Der sich aus dieser Zusammenarbeit ergebende Wissens- und Technologietransfer in die Wirtschaft gehört zum Aufgabenspektrum der Hochschulen (§ 3 Abs. 9 HSG LSA). Über die Wahrnehmung dieser Aufgabe berichten die Hochschulen jährlich in ihren Rektoratsberichten, die der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden.

Diese Selbstverpflichtung dient der Sicherstellung notwendiger Transparenz jenseits der öffentlichen Berichterstattung der Hochschulen bei gleichzeitiger Wahrung der berechtigten Interessen aller Kooperationspartner.

Dafür gilt grundsätzlich: Bei öffentlich geförderten Projekten unterliegen Kooperationen unter Beteiligung der Wirtschaft den Regeln der jeweiligen Förderinstitutionen (BMBF, BMWi, BMU, DFG, etc.), die auch verbindliche Regelungen zur Veröffentlichung der beteiligten Projektpartner, zu Projektinhalten sowie zum finanziellen Rahmen einschließen.

Daneben bestehen zahlreiche Kooperationen mit privatwirtschaftlichen Unternehmen sowie anderen Einrichtungen u.a. im Rahmen der regionalen Investitionsstrategie des Landes bei denen die Forschungstätigkeit durch beteiligte Unternehmen (teil-)finanziert werden. Die nachstehende Verpflichtung bezieht sich insbesondere auf diese Kooperationen. Diese Projekte bedürfen eines schriftlichen Kooperationsvertrages, der Kosten, Aufwand sowie den Umgang und der Verwertung der in der Kooperation erarbeiteten Ergebnisse und des geistigen Eigentums regelt.

 

Zustandekommen und Inhalt von Kooperationsverträgen
  1. Kooperationsverträge mit Partnern außerhalb der Hochschulen werden von dem Rektor / der Rektorin unterzeichnet bzw. vor Unterzeichnung durch Vertretungsberechtigte dem Rektor/der Rektorin zur Kenntnis gegeben.
  2. Der Wahrung von Autonomie und Unabhängigkeit der Hochschulen und der beteiligten Wissenschaftler_innen ist höchste Priorität einzuräumen. Kooperationsverträge dürfen die unter dem Schutz der Verfassung stehende Freiheit von Forschung und Lehre nicht beeinträchtigen.
    1. Die Kooperationsverträge stellen sicher, dass die Publikationsfreiheit der an dem vereinbarten Projekt beteiligten Hochschullehrer gewahrt wird. Klauseln, die die Reichweite des Publikationsrechts oder des Rechts zur Verwertung von Forschungsergebnissen festlegen oder einschränken, bedürfen einer hinreichenden schriftlichen Begründung, die im Vertrag zu dokumentieren ist.
    2. Die vorstehende Verpflichtung (3.1) gilt nicht für studentische Abschlussarbeiten (Prüfungsleistungen, BA-/Master-/Diplom-Arbeiten); insoweit kann weitergehenden Vertraulichkeitsforderungen der Kooperationspartner Rechnung getragen werden.
    3. Die vorstehende Verpflichtung (3.1) gilt nicht für akademische Prüfungsleistungen (Dissertationen, Habilitationsschriften), deren Publizitätsverpflichtungen sich aus den jeweiligen Ordnungen der Hochschulen ergeben.
  3. Die Konzeption von Studiengängen und von Curricula liegt ausschließlich in der Verantwortung der Hochschulen. Dies schließt eine Kooperation im Bereich der Lehre mit dem Ziel der Innovationsfähigkeit und der besseren Anbindung zur Praxis nicht aus. Daher ist eine Einbeziehung von Berufsorganisationen bzw. Interessenvertretungen der jeweiligen Fachgebiete sowie gegebenenfalls auch von verschiedenen Industrievertretern sinnvoll und wünschenswert.
  4. Bei der Vergabe von Lehraufträgen an Kooperationspartner außerhalb der Hochschule ist Transparenz zu gewährleisten. Klauseln, die eine Vergabe von Lehraufträgen an Kooperationspartner zwingend oder als Grundlage des Kooperationsvertrages vorsehen, werden nicht vereinbart.
  5. Eine Mitwirkung von Kooperationspartnern an Prüfungen einschließlich der Begutachtung von Haus-, BA- und Master-Arbeiten ist nur möglich, solange das Letztentscheidungsrecht eines oder mehrerer Hochschulmitglieder bei der Anwendung der jeweils geltenden Prüfungsordnung im Ganzen und im Einzelnen gewährleistet werden.
  6. Kosten, Aufwand und die Verwertung von Ergebnissen aus der Kooperation werden grundsätzlich in den Kooperationsverträgen geregelt. Das geistige Eigentum von Hochschulmitgliedern, insbesondere bei der Verwertung von Patenten, wird unter Berücksichtigung der gesetzlichen Bestimmungen geschützt.
  7. Das Rektorat unterrichtet die Hochschulgremien über die Zusammenarbeit mit den Kooperationspartnern.
  8. Dem für die Hochschulen zuständigen Landtagsausschuss wird ein jährlicher Bericht vorgelegt. Auf Wunsch des Ausschusses erläutern die Hochschulleitungen diesen Bericht in nichtöffentlicher Sitzung.


    Öffentlichkeitsarbeit
  9. Grundlegende Daten über Kooperationsbeziehungen werden einmal jährlich in geeigneter Weise veröffentlicht (Stichtag: 30.06.), soweit vertraglich keine besondere Vertraulichkeit vereinbart ist. Grundlegende Daten sind:

- Informationen über den Vertragspartner;

- Informationen über den Vertragsgegenstand;

- Informationen über die Vertragslaufzeit;

 

Diese Selbstverpflichtung entfaltet nach dem Tag der Unterzeichnung durch die Vertreter der Hochschulen des Landes Wirkung. Die Hochschulleitungen stellen sicher, dass die Gremien der Hochschulen über den Inhalt der Selbstverpflichtung angemessen unterrichtet werden.

 

 Magdeburg, den 7. Oktober 2015

 

gez. Prof. Dr. Udo Sträter

Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

 

gez. Prof. Dr. Jens Strackeljan

Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg

 

gez. Prof. Dieter Hofmann

Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle

 

gez. Prof. Dr. Dieter Orzessek

Hochschule Anhalt

 

gez. Prof. Dr. Armin Willingmann

Hochschule Harz

 

gez. Prof. Dr. Anne Lequy

Hochschule Magdeburg-Stendal

 

gez. Prof. Dr. Jörg Kirbs

Hochschule Merseburg

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